Anne-Sophie Morand

Das Bergpanorama als Metapher für das Leben

In Anne-Sophie Morands Leben zentral: Die Zentralschweiz. Ihr Lieblingsberg ist der Pilatus, ihr Lieblingsplatz der Sonnenberg. Weil man dort den Pilatus perfekt sieht und weil sich von dort oben ihr Leben ordnen lässt.

Es gibt Menschen, die haben diesen unzähmbaren Vorwärtsdrang. Was immer sie machen, sie machen es ein bisschen schneller, ein bisschen besser, eine Spur besessener. Anne-Sophie Morand ist so ein Mensch. Oder präziser: Sie war es. Bis sie sich bei einem Wettkampf drei Rippen brach, Corona ihr eine weitere Wettkampfpause aufzwang. Jetzt ist sie nur noch schneller und besser. Das beginnt bei ihrem Erzähltempo.

Anne-Sophie Morand wuchtet ihr fotogenstes Triathlonvelo den Krienser Sonnenberg hoch, 200 Höhenmeter, ein halbes Dutzend Kehren ihrem Sehnsuchtsort entgegen. Immer wieder ziehe es sie hier hoch, sagt sie, wo sie kurz innehalte, um dieses Panorama, den Weitblick, die Ruhe zu geniessen. Um eins mit sich und dem Moment zu werden.

Walder Wyss Ann Sophie 002
Walder Wyss Ann Sophie 002

Die Strecke wäre eigentlich ein Klacks. Wäre: Ihr liebstes Rad, das blau-weisse Cervélo, ist für die Fläche gebaut, die Übersetzung für Bergfahrten eher ungeeignet. Das hat eine kurze, wirklich nur kurze Atemlosigkeit Morands zur Folge. Dann erzählt sie. Von ihren Trainingsrunden auf dem Velo, die die schmale Strasse hochführen, vom Joggen in der nahen Wolfsschlucht, diesem «mystischen Ort», vom Biken im Wald hier oben.

Und sie erzählt über sich. Von hier oben finden sich Verbindungen in fast alle Bereiche ihres Lebens.

In ihre Heimat. Der Blick auf zwei Arme des Vierwaldstättersees, auf Pilatus, Rigi, Stanserhorn und Bürgenstock. Das Wasser, die Berge und die Weite, «danach habe ich nach kürzester Zeit Heimweh», sagt Morand. Während Corona hat sie sich ein Zelt für die Berge gekauft. Damit will sie noch näher ran an die Schweiz, tiefer in die Natur, die Heimat in den abgelegensten Winkeln wirklich spüren. Dafür wanderte sie auch schon tagelang mit einer Scherbe im Fuss.

Walder Wyss Ann Sophie 003
Walder Wyss Ann Sophie 003

Ihre sportliche Leidenschaft. Die Natur hier ist gemacht für den Triathlon. Beim Schwimmen: Blick auf den Pilatus beim Luftholen. Beim Laufen: Blick auf den Pilatus und die Erinnerung, wie sie früher den Berg hochgerannt ist und mit dem Bähnli wieder runterfuhr. Beim Radfahren: Blick auf den Pilatus, Fokus auf den Rhythmus. An der Wucht der Berge lässt sich auch das Unbändige in Anne-Sophie Morand festmachen. «Mir ging es stets darum, meine Grenzen nicht nur zu suchen, sondern sie auch zu verschieben. Die Frage ist: Wie weit kann ich gehen?» Wenn dazu der gewöhnliche Triathlon nicht mehr reicht, dann gibt es zum Glück noch den Inferno-Triathlon und Gigathlon. Hier liess sich eine weitere wichtige Frage Morands beantworten: «Wie hart kann ich mit mir sein?»

Irgendwo – und in Luzern, ihrem Luzern.

Ihre Herkunft. Anne-Sophie Morand ist etwas weiter unten am Sonnenberg in Kriens aufgewachsen. Dort hat sie getschuttet, mit den Jungs aus dem Quartier. Heimlich, ihre Eltern hielten Fussball für Mädchen allgemein und für Anne-Sophie im Speziellen ungeeignet. Sie schaffte es im Fussball dann dennoch bis in die Nationalliga A. In Kriens hat sie auch Tennis gespielt, mit Valentin Stocker, dem Fussballer. Beide waren im Zentralschweizer Tennis-Juniorenkader. Sie habe sich immer ehrgeizige Ziele gesetzt, sagt Morand, «ich habe immer alles besonders gut machen wollen.» So habe so einen grossen Teil ihres Lebens im Wettkampfmodus gelebt. Sogar beim Zeichnen und Malen hat sie als Jugendliche Wettbewerbe gewonnen. Mit 14 wusste sie, dass sie dereinst als Anwältin arbeiten will.

Anne Sophie Morand
Anne Sophie Morand

Ihre Grenzen. Anne-Sophie Morand war eine Getriebene. Sie trainierte nach ihrer Fussballkarriere mit einer Privat-Trainerin, führte akribisch Buch über ihre Leistung, suchte das Limit – und fand es. 2016 ein erstes Mal, als sie beim Gigathlon mit den Inlineskates stürzte, sich drei Rippen brach und – nach über 200 Kilometern, 4500 Höhenmetern und 15 Stunden trotzdem im Ziel ankam, klar – eine Wettkampfpause einlegen musste. Zum zweiten Mal 2020 mit Corona. Wieder eine aufgezwungene Wettkampfpause. Und viel Zeit, um nachzudenken und den Überblick über ihr Leben zu gewinnen. «Weshalb suche ich immer den Wettkampf?» Diese Frage habe sie umgetrieben, darüber hat sie auch hier oben auf dem Sonnenberg immer wieder sinniert. Eine Antwort hat sie nicht gefunden. Aber mehr Ruhe in sich selber.

Walder Wyss Ann Sophie 004
Walder Wyss Ann Sophie 004

Ihre Suche. Der Suche nach der Grenze ist die Suche nach dem Zustand gewichen, den Morand als «Im-Moment-Sein» beschreibt. Beim Sport pendle sie jeweils zwischen der Träumerei und dem meditativen Im-Rhythmus-sein. Oder dem nebenbei Trainieren. Dann nämlich, wenn Anne-Sophie Morand beim Joggen Podcasts hört (in einfacher Geschwindigkeit).

Überhaupt die Podcasts: Sie nehmen in Morands Leben immer mehr Platz ein. Sie sei da extrem neugierig und höre sich durch eine riesige Auswahl an Sendungen. «Ehrgeiz wird oft negativ verstanden», sagt Anne-Sophie Morand. Weil man dabei etwas Positives vergesse: «Eine zwingende Komponente von Ehrgeiz ist die Begeisterungsfähigkeit.» Wie wahr das ist, wird auf dem Sonnenberg fassbar, hoch über Luzern, «meinem Luzern».

Anne-Sophie Morands
liebste Podcasts:

  • ● Sternstunde Philosophie
  • ● ada: Heute das Morgen verstehen
  • ● Handelsblatt Disrupt
  • ● TED Talks Daily
  • ● Future Histories
  • ● Handelsblatt Rethink Work
  • ● Sein und Streit – Deutschlandfunk Kultur
  • ● Input
  • ● Einfach Politik
  • ● AI Unplugged // by digital kompakt

Anne-Sophie Morand

arbeitet seit Ende 2021 bei Walder Wyss in Zürich. Sie berät Klienten bei Fragen rund um Datenschutz-, Informations- und Technologierecht. Die 34-Jährige ist eine Wettkämpferin: Das verrät ihr Lebenslauf ebenso wie ihr sportliches Palmares. Und sie ist eine Lokalpatriotin, die, seit sie mit 18 bei ihren Eltern ausgezogen ist, immer an zwei Orten gelebt hat. Irgendwo – und in Luzern, ihrem Luzern.