Dr. Judith Wemmer von Planted arbeitet daran, dass wir künftig Fleisch essen, ohne Tiere zu töten. Die Chefentwicklerin steht gemeinsam mit ihrem Team kurz davor, das Filetstück des Fleischersatzes auf den Markt zu bringen: das perfekte Steak aus Erbsenmehl.
Frau Wemmer, haben Sie schon mal von einem saftigen Steak geträumt?
Geträumt glaub ich noch nie. Aber derzeit kreisen meine Gedanken sehr oft um Steaks und andere Whole Cuts. Wir sind bei Planted mittlerweile in der Lage, auch grosse Fleischstücke herzustellen.
Also fleischlose Steaks, die schmecken wie Steaks?
Ja, ich könnte Sie in unserem Labor mit einem richtig dicken Brocken verköstigen, von dem Sie absolut begeistert wären.
Das heisst, Sie stehen kurz vor Marktreife?
Ja, wir arbeiten nur noch an der Skalierung und stehen kurz vor der Lancierung unserer Whole Cuts.
Das wäre ein grosser Schritt. Ein weiterer grosser Schritt für Planted. Schauen wir nochmals kurz zurück: Was ist Planted und wie hat alles begonnen?
Planted ist eines der am schnellsten wachsenden Start-ups der Schweiz. Und gleichzeitig einer der am schnellsten wachsenden Hersteller für alternative Proteine in Europa. Die Firma gibt es seit zweieinhalb Jahren. In dieser Zeit sind wir von drei auf 180 Mitarbeiter angewachsen. Unser Ziel lässt sich ganz einfach auf den Punkt bringen: Wir wollen mit unseren Produkten das Ernährungssystem revolutionieren.
Weshalb muss es gleich eine Revolution sein?
Die Produktion von Fleisch ist für 14,5 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Es macht aus unserer Sicht überhaupt keinen Sinn, aus Genussgründen und zur Proteinaufnahme Tiere zu schlachten. Im Gegenteil: Wir sollten die pflanzlichen Proteine direkt essen.
Klingt richtig, aber nicht unbedingt appetitlich.
Genau da liegt unser Hauptfokus: beim Biss und Geschmack. Wir arbeiten mit Wissenschaftlern und Köchen zusammen, um den gewünschten Biss und den perfekten Geschmack nachzubilden – und das hat die Konsumenten überzeugt.
Zur Person
Dr. Judith Wemmer ist Head of Product Development und Mitglied der Geschäftsleitung bei Planted. Die 31-jährige Lebensmittel-
verfahrenstechnikerin stieg vor zweieinhalb Jahren in das Start-up ein und investiert neben der Entwicklung neuer Produkte auch sehr viel Zeit in die Vermittlung ihres Wissens und der Vision ihres Arbeitgebers.
Zur Person
Dr. Judith Wemmer ist Head of Product Development und Mitglied der Geschäftsleitung bei Planted. Die 31-jährige Lebensmittel-
verfahrenstechnikerin stieg vor zweieinhalb Jahren in das Start-up ein und investiert neben der Entwicklung neuer Produkte auch sehr viel Zeit in die Vermittlung ihres Wissens und der Vision ihres Arbeitgebers.
So weit, dass diese künftig auf Fleisch verzichten?
Das ist das Ziel. Unsere Produkte bieten keine Alternative zu Fleisch. Sie sind besser als tierisches Fleisch – in jeder Hinsicht. Besser in Geschmack und Textur, besser für die Gesundheit, besser für die Umwelt. Sie haben einen wesentlich kleineren ökologischen Fussabdruck und werden irgendwann auch günstiger sein.
Wo befindet sich Planted auf dieser Reise?
In Bezug auf den ökologischen Fussabdruck und die gesundheitlichen Aspekte sind wir tierischem Fleisch weit überlegen. Geschmack und Textur können extrem gut mithalten – wie gesagt, bald auch bei den grossen Stücken. Und die Preise werden sukzessive sinken. Langfristig darf es nicht sein, dass es günstiger ist, ein Tier zu halten und zu töten als pflanzliche Proteine zu verarbeiten.
Sie sind keine Pioniere auf dem Gebiet der Fleischersatzprodukte, aber Sie sind den anderen mittlerweile voraus. Neu bietet zum Beispiel die Deutsche Bahn in ihren Bordrestaurants Ihre Produkte an. Wie erklären Sie das?
Uns ist es gelungen, etwas auf den Markt zu bringen, was Gastronomen und Endkonsumenten gleichermassen Spass macht. Und dies mit sehr wenig Zutaten und Zusatzstoffen.
Die Basis sind Erbsen.
Richtig. Unsere Produkte bestehen hauptsächlich aus Gelberbsen. Aber wir arbeiten auch mit Sonnenblumen- oder Haferproteinen. Für uns ist es wichtig, dass wir verschiedene Rohstoffe in unseren Produkten haben. Das ist entscheidend für die Umwelt, aber auch für die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten. Mit einer wachsenden Produktpalette steigt auch die Diversität bei den Ausgangsmaterialien.
Es geht darum,
eine Vision voranzutreiben.
Also keine Erbsenmonokultur in der Schweiz?
Der Witz ist: Es gibt schon sehr viele Erbsenfelder. Momentan werden die Erbsen einfach vor allem als Tierfutter verwendet – genauso wie Soja oder andere proteinhaltige Pflanzen. Tiere konvertieren Proteine sehr ineffizient, sie wandeln längst nicht alles in Muskelfleisch um. Diese Ineffizienz versuchen wir auszuschalten. Man braucht gar nicht so viele pflanzliche Proteine, um unseren Bedarf zu decken.
Ohne oder mit weniger Tieren wird sich die Landwirtschaft aber dennoch verändern?
Wir müssen bestimmt die ganze Landwirtschaft in der Schweiz und in Europa so konzipieren, dass die Ressourcen möglichst effizient genutzt werden können. Im Verbund mit der Wissenschaft versuchen wir, den perfekten Proteinmix für die Schweiz zu finden. Sodass unser Ernährungssystem nachhaltiger wird.
Wie würden Sie die Kultur bei Planted beschreiben?
Die ist geprägt vom Erfindergeist, würde ich sagen. Es ist eine Start-up-Kultur, die es zulässt, dass man Dinge wagt und Fehler macht. Innerhalb der Teams ist der Austausch eng und familiär. Es geht darum, eine Vision voranzutreiben. Eine Vision, an der alle gemeinsam arbeiten.
Klingt traumhaft – ist es das auch? Das schnelle Wachstum bringt sicher auch Probleme mit sich.
Die sind lösbar. Wichtig ist, dass die neuen Mitarbeiter:innen die Vision des Unternehmens teilen. Bislang macht unser Talent & Culture-Team da einen hervorragenden Job. Keine einfache Aufgabe, wenn man innert kürzester Zeit auf 180 Mitarbeiter wächst.
Walder Wyss hat einen hohen Qualitätsanspruch, auch wenn das Tempo hoch ist.
Hier in Kemptthal arbeiten verschiedenste Fachleute unter einem Dach: Biotechnolog:innen, Köch:innen, Verfahrenstechniker:innen, Datenspezialist:innen und so weiter. Jedoch keine Juristen. Diesen Part übernimmt Walder Wyss.
Richtig. Wir arbeiten mit der Kanzlei für alle möglichen Verträge zusammen – beispielsweise für Investitionsrunden. Wir schätzen den Austausch sehr. Auch von der Kultur her passen wir zusammen: Walder Wyss hat einen hohen Qualitätsanspruch, auch wenn das Tempo hoch ist und wir manchmal schnell auf juristische Unterstützung angewiesen sind.
Sie haben eine Vision, streben eine Revolution, eine riesige Umwälzung an. Eine grosse Aufgabe. Wie passt das zu Ihnen persönlich?
Ich habe mit zwei der vier Planted Gründern, Lukas Böni und Eric Stirnemann, an der ETH hier in Zürich Lebensmittelverfahrenstechnik studiert und anschliessend darin doktoriert. Schliesslich hat sich die Chance ergeben, hier zu starten. Die Kombination aus wissenschaftlicher Arbeit, innovativem Produkt und Nachhaltigkeit ist genau mein Ding. Gleichzeitig kann ich meinen Tatendrang voll ausleben. Das ist ziemlich einzigartig.